Von Dr. Heinrich Wendig
Aus der Erzählung von Otto Skorzeny “Meine Kommando-Unternehmen”, Limes-Verlag, Wiesbaden-München 1993:
Im Sommer 1995 wurde des 50. Jahrestages des ersten Abwurfs einer Atombombe am 6. August 1945 durch die US-Air Force auf Hiroshima gedacht. Obwohl Japan damals bereits zur Kapitulation bereit war und über Russland an die USA ein entsprechendes Angebot gemacht hatte, mordeten die Amerikaner in Hiroshima mehr als 200.000 Zivilisten und drei Tage später in Nagasaki mit der zweiten Atombombe ähnlich viele Menschen. Beide Massenvernichtungen waren gegenüber Japan militärisch sinnlos, sie sollten die militärische Überlegenheit der USA gegenüber Moskau beweisen. Selbst heute , 67 Jahre danach, sind die Auswirkungen der Atomexplosion noch zu spüren. Die Degeneration des Erbgutes ist selbst nach so langer Zeit noch aktuell.
Anlässlich des 50. Jubiläums wurde in der Presse ausführlich erörtert, warum die deutsche Erfindung der Atomkernspaltung nicht im Zweiten Weltkrieg in Deutschland stärker vorangetrieben wurde. Neben dem Widerstand der Physiker und technischen Schwierigkeiten wurde zur Begründung auch Hitlers Desinteresse und sein angeblich mangelndes technisches Verständnis angeführt. Dass auch ein anderes, bei den Alliierten bezeichnenderweise nicht vorhandenes Motiv eine Rolle gespielt haben könnte, geht aus dem folgenden Bericht Otto Skorzeny´s hervor.
Otto Skorzeny schrieb in “Meine Kommando-Unternehmen“:
“Wahrscheinlich wird es einem künftigen Historiker erstaunlich erscheinen, daß Deutschland nicht die Atombombe gebaut hat, obwohl man seit 1938 theoretische und auch praktische Möglichkeiten dazu besaß. Ende des Jahres 1938 lieferten Prof. Otto Hahn und Prof. Straßemann (siehe hier) den Beweis für die Kernspaltung. Prof. Hahn erhielt 1945 den Nobelpreis der Chemie. Er arbeitete am Kaiser-Wilhelm-Institut in Berlin Dahlem, mit Prof. Werner Heisenberg und einer Reihe andere erstklassiger Forscher.”
Der Assistent von Prof. Heisenberg war Carl Friedrich v. Weizsäcker, Sohn des Diplomaten Ernst v. Weizsäcker, einer der Verschwörer gegen Hitler.
Prof. Frisch, der in Deutschland gearbeitet hatte und frühzeitig nach England emigriert war, brachte als erster (im Januar 1939) den physikalischen Beweis für die Kernspaltung. Seine Tante, Frau Prof. Lise Meitner, eine der Mitarbeiterinnen Otto Hahns, lebte als Flüchtling während des ganzen Krieges in Stockholm, blieb aber mit Berlin in Verbindung.
Ein anderes Institut in Deutschland (in Berlin-Lichterfelde) betrieb ebenfalls schon frühzeitig Forschungsarbeit über das Atom. Das Institut stand unter Leitung eines jungen, hervorragenden Physikers, Prof. Manfred v. Ardenne, der nach dem Kriege in Russland und in Ostdeutschland arbeitete.
Goebbels interessierte sich sehr für diese Arbeit. Nach dem Krieg erklärten viele deutsche Physiker, sie hätten ihr Möglichstes getan, um den Bau der deutschen Atombombe zu verhindern. Das könnte man ihnen moralisch hoch anrechnen, wenn es der vollen Wahrheit entspräche.
Seit 1939 interessierte sich Hitler für die unglaublichen Möglichkeiten, die sich aus der Kernspaltung ergaben. Im Herbst 1940 hatte Hitler über dieses Thema eine lange Unterhaltung mit Dr. Todt, dem Reichsminister für Bewaffnung und Munition. Aber Hitlers Meinung änderte sich nicht: Er dachte, dass die Anwendung der Atomenergie zu kriegerischen Zwecken das Ende der Menschheit bedeuten würde.
Es ist uns bekannt, dass Hitler nicht nur den Vortrag gelesen hat, den Prof. Heisenberg 1942 am Kaiser-Wilhelm-Institut gehalten hatte (über die Kernspaltung und den Bau eines Atommeilers mit Uran und Elektronenschleuder) sondern auch Berichte anderer, vor 1941 erzielter Forschungsergebnisse. Albert Speer schrieb, dass Hitler
“nicht von der Perspektive entzückt war, während seiner Regierungszeit unseren Planeten in einen von Flammen verzehrten Himmelskörper verwandelt zu sehen.”
Er schrieb dies, basierend auf wenigen Unterhaltungen, die er mit Hitler “über die Möglichkeit, eine Atombombe zu bauen” hatte. Das bedeutet nicht anderes, dass für Adolf Hitler die Frage des Atombombenbaues nicht mehr zur Debatte stand. Dazu möchte ich (Otto Skorzeny) noch ein persönliches Erlebnis schildern:
Nach dem Budapest-Einsatz flog ich im Oktober 1944 wieder einmal nach Ostpreußen ins Führerhauptquartier. Die Ardennenoffensive wurde gerade vorbereitet, und Hitler wollte mir seine Instruktionen für das Unternehmen „Greif“ erteilen.
Bei einem zwanglosem Gespräch im Hauptquartier mit A.Hitler:
Auch ohne Atomphysiker zu sein, wußte ich, daß unter Benutzung der Spaltung des Urans möglich war, einen Sprengkörper herzustellen. Mir fiel der Anfang 1943 unternommene englische Sabotage-Einsatz auf, der gegen die Schwerwasserfabrik in Norwegen geführt wurde, und die im nächsten Herbst folgende Bombardierung, die diese Fabrik stark beschädigte. Außerdem versenkte man eines der Frachtschiffe, welches das “Schweres Wasser” transportierte.
Ich kombinierte: Norwegen, die Reden und Artikel Dr. Goebbels und was der Führer eben sagte. Spontan sprach ich von den aufgetauchten Gerüchten über die künstliche Radioaktivität und ihre eventuelle Nutzung als Waffe. Hitler sah mich mit glänzenden, fiebrigen Augen an und sagte:
“Wissen Sie, Herr Skorzeny, wenn die durch Kernspaltung freigesetzte Energie und dazu noch Radioaktivität als Waffen benutzt werde, daß dies das Ende unsere Planeten bedeuten würde?” .. “Die Auswirkung würden schrecklich sein …. “
Selbst wenn die Radioaktivität kontrolliert und dann die Atomspaltung als Waffe benutzt würde, auch wären die Auswirkungen schrecklich! Als Dr. Todt bei mir war, las ich, daß ein solches Gerät mit kontrollierter Radioaktivität eine Energie frei machen würde, die Verwüstung hinterlassen, die nur mit den Arizona und Sibirien beim Baikalsee herabgestürzten Meteoriten zu vergleichen wären. Das heißt, jede Art von Leben, nicht nur menschliches, sondern auch das tierische und pflanzliche wäre für Hunderte von Jahren in einem Radius von 40 km völlig ausgelöscht.”
Hitler weiter:
„Das wäre die Apokalypse. Und wie sollte man ein solches Geheimnis bewahren? Unmöglich! Nein! Kein Land, keine Gruppe zivilisierter Menschen kann bewußt eine solche Verantwortung übernehmen. Von Schlag auf Gegenschlag würde die Menschheit sich zwangsläufig selbst ausrotten. Nur Volksstämme im Gebiet des Amazonas und Urwäldern Sumatras hätten gewisse Chancen, zu überleben.”
Diese Randbemerkungen Hitlers dauerten kaum mehr als ein paar Minuten. Aber an die Minuten erinnere ich mich genau. Am Anfang meiner Kriegsgefangenschaft, im August 1945, hörte ich, daß zwei Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki abgeworfen wurden. Unnötige Bomben nebenbei, denn der japanische Kaiser hatte schon vorher die Amerikaner um ihre Friedensbedingungen gebeten”
Quelle: Dr. Heinrich Wendig, Heft 10, Herausgegeben von Grabert Verlag, 72006 Tübingen
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Gefunden bei: Morbus ignorantia